30/11/2024 0 Kommentare
Gedanken zum Monatsspruch Dezember
Gedanken zum Monatsspruch Dezember
# Aus der Gemeinde
Gedanken zum Monatsspruch Dezember
Jesaja 60,1: Mache dich auf, werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!
„Dein Licht kommt“, kündet der Prophet Jesaja an. Der große christliche Mystiker Meister Eckehart würde ergänzen:
Das Licht kommt gar nicht, es ist immer schon da. Es leuchtet immer schon – allerdings verborgen, auf dem Grund der Seele.
Und: „Wer nur einen Augenblick in diesen Grund sähe“, sagt Meister Eckehart weiter, „dem wären tausend Geldstücke roten, geprägten Goldes wie ein falscher Heller.“
„Mache dich auf und werde Licht, denn dein Licht kommt“ –
Meister Eckhart sagt, wenn wir das Licht sehen wollen, dann müssen wir den Blick in den eigenen Grund richten.
Der Blick in den eigenen Grund aber ist verstellt durch allerlei „Anhaftungen“. Wir alle kleben mehr oder weniger an Ideen darüber, wie und wer wir sind und sein sollten. Wir leben in einer Zeit, in der Selbstverwirklichung einen hohen Stellenwert hat. Autonomie, Eigeninteressen, Durchsetzung des eigenen Willens – all dies gilt gesellschaftlich als hohes Gut.
Was Meister Eckehart dazu sagt, steht schief in unserer Landschaft, es kommt uns quer.
Denn Eckehart sagt: All das bist gar nicht du. All das ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist der Grund, und den siehst du nur, wenn all dies andere aus dem Weg geräumt ist.
Dort, wo der Weg frei und der Horizont hell und offen wird, dort taucht das göttliche Licht auf. Gott ist dort, wo wir enden.
Wie aber soll man das anstellen?
Ich möchte versuchen, auf diese Frage zwei Antworten zu geben.
Die erste ergibt sich aus dem, was wir in Blick auf Weihnachten erwarten: Mit der Feier der Weihnacht sin wir eingeladen selber zum Kind und zur Krippe zu werden – so schutzlos, ursprünglich, anfanghaft wie ein Neugeborenes, so empfangend und offen wie eine Krippe.
Mache dich auf und werde Licht!
Die zweite Antwort gibt uns noch einmal der Meister Eckehart selber. Er sagt, wer ganz in Gott verweilen wolle, der müsse so werden, «dass er dem Menschen, der jenseits des Meeres ist, den er mit Augen nie gesehen hat, ebenso Gutes gönne wie dem Menschen, der bei ihm ist und sein vertrauter Freund ist.»
Diese Worte erinnern an jene von Jesus, man solle sich stets vor Augen halten, dass Gott seine Sonne über allen Menschen aufgehen lasse – nicht nur über denen, die mit mir auf demselben Boot hocken.
Im Zeitalter der Globalisierung können wir wohl die großen Wasser überwinden mit Schiffen und Flugzeugen, aber bestehen bleiben Ozeane aus Angst, Intoleranz, Ablehnung und Hass.
Über diese Meere hinaus sollen wir das Licht leuchten lassen.
Mache dich auf, werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!
Ihr Pfarrer Reiner Dietrich-Zender
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