02/07/2024 0 Kommentare
Gedanken zum Monatsspruch Februar
Gedanken zum Monatsspruch Februar
# Impulse
Gedanken zum Monatsspruch Februar
Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit (2.Timotheus 3,16)
Vor meinem inneren Auge sehe ich einen Mann namens Timotheus dozieren. er versucht seinem Namen alle Ehre zu machen: Gott die Ehre zu geben. Er redet und redet. Dabei hat Timotheus eine Bibel in der Hand und sein Zeigefinger deutet immer wieder auf oder in diese Bibel. ich höre ihn sagen: „Alle Schrift von Gott eingegeben …“ „Aha“, denke ich mir, „es geht um die Bibel. Aber ich will doch hoffen, dass die Bibel nicht die einzige Schrift ist, die von Gott eingegeben ist. Wenn ich nur an das Grundgesetz denke. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ist das nicht ein Satz in dem Gott sich uns klar und deutlich zeigt? Klarer als in manchen Sätzen aus der Bibel… Alle Schrift von Gott eingegeben: Gibt es nicht viel mehr Schriften die von Gott eingegeben sind?“ Karl Barth, einer der großen Theologen des letzten Jahrhunderts, fällt mir ein. Viele Bände einer Kirchlichen Dogmatik hat er geschrieben und am Ende eine Art Lichterlehre entwickelt: Das Licht Gottes zeigt sich in der Welt. Uns erschließt sich Gott in unserem Glauben an Jesus Christus. Für uns in der Kirche offenbart sich Gott in Jesus. Aber wir können nicht ausschließen, dass Gott sich in anderen Religionen anders zeigt, sich anders offenbart. Ich habe daraus gelernt: Über den Wahrheitsgehalt anderer Religionen verbietet sich mir als Christ eine Bewertung. Ich darf mich überraschen lassen, welche Wahrheit sich woanders finden lässt. Und ich glaube: Es kann Schriften geben, die von Gott eingegeben sind und nicht in der Bibel stehen.
So geht es mir mit dem 1.Artikel unseres Grundgesetzes. Die Würde des Menschen ist unantastbar.
wenn ich auf diesen Satz die Losung „Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“ beziehe, fällt mir Vieles ein, gerade weil in unserer Welt die Würde von Menschen immer wieder angetastet wird. Ich denke nicht nur an die bösen Buben woanders, sondern hier bei uns, wo nicht verstanden wird, dass unser Grundgesetz vom Menschen, nicht vom deutschen Staatsbürger redet. Ist unser Umgang mit Flüchtlingen würdevoll? Wo und wie sollten wir uns bessern?
Die Würde des Menschen – wo bleibt sie auf der Strecke, wo wäre es gut, dass wir zurechtgewiesen werden, d.h. aufmerksam gemacht werden, dass unser Handeln und Reden die Würde eines anderen antastet? Mir steht da die Studie zum Thema „Sexualisierte Gewalt in der ev. Kirche“ vor Augen. Unsere blinden Flecken sind uns als Individuum, als Institution und als Gemeinschaft nicht bekannt. Da brauchen wir die Hinweise anderer!
Die Erziehung zur Gerechtigkeit: das ist dann für mich ein Prozess des Wachsens und des Suchens. Was heißt heute und hier Gerechtigkeit? Sich auf den Weg machen. Manchmal verirrt Mensch sich dabei in Sackgassen, oder Irrwege. Der erste Schritt ist dann: Anhalten, sich eingestehen, dass das der verkehrte Weg war und sich auf einen anderen Weg begeben – das kann auch heißen mal eine weitere Strecke zurückgehen bis zu der Kreuzung, wo wir Richtung Gerechtigkeit abbiegen können. In diesem Sinne: Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit (2.Timotheus 3,16).
Pfarrer Reiner Dietrich-Zender
Kommentare